Burghard Müller-Dannhausen
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Vieles in Einem
Essay zum Kunst-am-Bau-Projekt für die VR Bank Südpfalz, Landau/Pfalz, 2018
Essay zum Kunst-am-Bau-Projekt
für die VR Bank Südpfalz, Landau/Pfalz, 2018 - Burghard Müller-Dannhausen
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Essay on the mural in the main axis of Rems-Murr-Klinikum Winnenden, 2013
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Burghard Müller-Dannhausen
Zur Farbwand
Speeches to the competition on the mural of Rems-Murr-Klinikum Winnenden, 2013
created 16.10.2014

This text is only available in the original German.


Wiedergabe der Präsentation am 29. Mai 2012 im Klinikum Waiblingen:

Willkommen vor der Farbwand.
Ich freue mich, dass ich Ihnen mein Konzept vorstellen darf – für die Nordwand der Magistrale im Klinikum Winnenden. Dazu möchte ich Ihnen meine Gedanken erläutern.

Die Farbwand ist gedacht als Fortsetzung der Architektur – mit den Mitteln der Malerei. Deshalb möchte ich erst etwas sagen zur Architektur. Die Magistrale ist dafür da, die einzelnen Bereiche und Gebäudeteile zu verbinden. Das ist – mit allem, was dazu gehört – die praktische Funktion.

Darüber hinaus gibt es eine ideelle oder kommunikative Bedeutung der Magistrale. Für mich gehört das auch zum Stichwort Funktion. Die Magistrale – so wie sie gestaltet ist – bildet einen Weg ab. Sie setzt das Motiv des Weges um in Architektur. Das lese ich als Künstler aus dieser Architektur. Ich habe mich umgesehen. Im neuen Klinikum in Pforzheim zum Beispiel ist die Magistrale anders gestaltet als hier. Hier in Winnenden ist sie geradlinig. Eine Strecke. Eine Achse. Ein Weg.

Das ist eine architektonische Entscheidung, die der Magistrale einen Sinn gibt. Ein Weg ist ein fortschreitender Prozess. Eine Entwicklung. Das ist es, was alle Menschen im Klinikum beschäftigt. Es geht um Heilungs-Prozesse, Genesungs-Prozesse – auch Bewusstseins-Prozesse. Entwicklung ist das Thema hier. Und das Motiv dafür ist der Weg. Ganz archetypisch. Man sagt ja auch: „Auf dem Wege der Besserung sein“.

Diesen Gedanken der Architektur möchte die Farbwand verstärken. Damit der Raum noch deutlicher spricht. Damit die Sinnhaftigkeit und Sinnhaltigkeit – auch die Sinnlichkeit – des Weges noch intensiver erlebt wird. Deshalb wird die Nordwand zu einem fortschreitenden Kontinuum von Farbstufen.

Das ist der eine Bezug zur Architektur. Der andere ist das Farbkonzept – das Sie kennen. Die drei Farben Grün – Gelb und Orange geben dem Klinikum ein Gesicht. Das heißt, dass sie das Gebäude nicht nur schmücken – sondern es auch interpretieren. Und zwar im Sinn eines Hauses – nicht für Krankheit – sondern für Gesundheit. Die Farben transportieren das Frische, Lebendige, Positive. Und stehen in ihrer Außenwirkung im Kontext zu Natur und Landschaft.

Was die Farben nach außen tragen, ist eine Botschaft. Und mir kommt es darauf an,
diese Botschaft im Inneren des Gebäudes zu verankern, ihr einen Kern zu geben – eine Seele. Und zwar genau da, wo der Baukomplex seine Wirbelsäule hat, sein Rückgrat – in der Magistrale. Damit Außen und Innen in einen Sinnzusammenhang kommen. Und: Damit Architektur und Malerei wirklich sprechen. Im Dialog miteinander und im gemeinsamen Dialog mit den Menschen.

Das alles sind meine Intentionen. Und ich möchte Ihnen jetzt erläutern, wie ich das umsetze. Hier fange ich mal mit den Farben an.

Die drei Grundfarben sind für mich die Basis. Ich möchte das malerische – das koloristische – Potential dieser vorhandenen Farben aufschließen – und ausschöpfen. Ich differenziere also die Farben. Wenn die Grundfarben die Melodie sind, dann ist die Farbwand die Orchesterfassung. Da gibt es viele Begleitstimmen, aber auch Gegenstimmen – Kontrapunkte in Form von Kontrastfarben und Komplementärfarben. Das muss sein. Damit das Ganze nicht zum Farbfächer verflacht, sondern wirklich Malerei wird. Vor allem der brisante Übergang von Grün zu Orange. Da brauche ich als Stütze das Blau.

Die dominierende Farbe des Farbkonzepts ist Grün. Deshalb wird im Eingangsbereich das Grün gefeiert. Zugeordnet – auch – dem grünen Pavillon. Wenn man sich dann von der Eingangshalle aus der Länge der Magistrale zuwendet, erlebt man die Farbrichtungen. Zum gelben Pavillon hin in Richtung Gelb. Zum orangefarbenen Pavillon hin in Richtung Orange. Die drei Grundfarben sind – im Konzert der insgesamt 48 Farbtöne – überall präsent, wenn auch nur in kleinen Mengen. Soviel zur Anwendung der Farbe.

Jetzt zum Motiv des Weges. Wenn ich die Farbwand entlang schreite, begegne ich schmalen Farbfeldern, auf die sich mein Schritt bezieht. Dabei gibt es keinen gleichmäßigen Takt. Das würde einen Zwang ausüben – wie wenn ich über Eisenbahnschwellen laufe. Sondern die Farbfelder haben eine lebendige Rhythmik, die meinen Schritt umspielt. Musikalisch ausgedrückt würde man sagen: Synkopen. Die kleinste Einheit ist zwanzig Zentimeter breit, die größte ein Meter zwanzig – fast eine Armspanne. Also deutlich kleiner als ein Schritt oder deutlich größer. Aber dieses Wechselspiel ist immer noch so dimensioniert, dass es sich auf den Schritt bezieht.

Der Weg wird aber erst dann richtig erlebbar, wenn er sich gliedert. Es reicht nicht aus, kleinste Einheiten endlos aneinanderzureihen. Es muss eine übergeordnete Gliederung geben. Damit ich nicht nur Einzelschritte wahrnehme, sondern auch Wegstrecken. Deshalb gibt es als Unterscheidungsmerkmal der verschiedenen Abschnitte die Andeutung der Horizontalen. Die dominierende Vertikale der Farbgrenzen bekommt dadurch eine Antithese.

Diese Andeutung der Horizontalen hat eine konstante Höhe. Nehmen wir das Obergeschoss. Da ist in einem bestimmten Abschnitt die Höhe des nach oben gestreckten Armes die Konstante der Horizontalen. Im nächsten Abschnitt ist es dann die Kniehöhe. Dann wieder die Armhöhe und so weiter. Im Erdgeschoss ist es die Augenhöhe, die den einen Abschnitt bestimmt.
Im nächsten Abschnitt die Wadenhöhe. Der Betrachter – der Mensch – ist immer das Maß.

In dieser Weise antworte ich also einerseits auf das Farbkonzept, andererseits auf das Motiv des Weges. Jetzt zur Gesamt-Anmutung.

Die Farbflächen haben einen homogenen Duktus und sind geometrisch begrenzt. Es gibt keine freie malerische Handschrift. Ich möchte alles Organische vermeiden. Das hat zu tun mit dem belasteten Kontext. Die Menschen im Klinikum – und zwar alle Menschen hier – sind nicht frei im Kopf. Das gilt für die Patienten, die Besucher und für das Personal – die drei Personengruppen, an die wir uns hier wenden. Diese Menschen haben – jeder Einzelne aus seinem Blickwinkel – Krankheitsbilder im Kopf. Pathologische Befunde. Röntgenbilder. Frakturen. Wunden. Und sie assoziieren schnell – wenn sie ein Bild vor sich sehen – das, was sie aktuell beschäftigt. Sie assoziieren Körperliches, vor allem Krankes. Das projizieren sie in ihre Bildwahrnehmung hinein.

Ich möchte aber, dass sie nicht konkret Körperliches abrufen, sondern von Emotionen berührt werden. Das Klare. Das Frische. Das Positive. Die Perspektive. Die Entwicklung. Der Optimismus. Sie sollen aufatmen. Sie sollen Abstand gewinnen. Dem Druck der Krankheit möchte ich den Sog des Gesunden entgegenstellen.

Die Emotionen, über die ich spreche, sind auf einer abstrakteren Ebene angesiedelt als das Körperliche mit seinen Spuren und Erscheinungsformen. Deshalb eine klare unverfängliche Formensprache. Diese Formensprache hier betont das Lebendige auf einer freien, eher abstrahierten Ebene. Dazu gehört die sanfte Bewegung. Sie sehen, die Farbbegrenzungen sind entweder senkrecht oder sie neigen sich in eine leichte Schräge, die in einem Winkel von 3 Grad von der exakten Senkrechten abweicht. Diese beiden Richtungen befinden sich in ständigem Wechsel. Die Senkrechte und die behutsame Schräge. Das erzeugt eine sanfte Bewegung – wie wir sie sehen, wenn der Wind durch hohes Gras streicht. Oder durch Schilf. Oder durch ein Getreidefeld. Oder man sieht einen Vorhang, der sich leicht bewegt. Das gibt der Farbwand ihren Atem.

Ein anderer Aspekt ist das Aufschließen der Wand. Sie öffnet sich in eine imaginäre Räumlichkeit. Die Farbwand bekommt Tiefe. Man schaut wie in einen Wald. Das Motiv des Waldes war für mich Vorbild – noch aus einem anderen Grund. Wald ist ein kleinteiliges Phänomen. Aber wir empfinden ihn als groß. Das soll auch die Antithese hier sein: Kleinteilige Struktur und große Wirkung.

Jetzt habe ich einiges gesagt über die Farbwand. Aber noch zu wenig über den Betrachter. Die Farbwand ist ein Kunst-am-Bau-Projekt und damit Kunst in der Öffentlichkeit. Ich unterscheide Kunst für die Öffentlichkeit und Kunst in der Öffentlichkeit. Kunst für die Öffentlichkeit ist Tafelmalerei in jeder Form, die irgendwo ausgestellt wird. Wenn ich Kunst für die Öffentlichkeit mache, beziehe ich mich auf mich selbst und auf meine Sicht der Welt. Wenn ich aber Kunst in der Öffentlichkeit mache, beziehe ich mich auf den Ort und auf die Menschen, die dort sind. Ich beschäftige mich also mit dem Betrachter. Mit dem Profil des Betrachters – und mit seiner Situation.

Zunächst das Betrachter-Profil. Das Klinikum ist ein offener, pluralistischer sozialer Raum. Alle nur denkbaren Menschen gehen hier ein und aus. Menschen, die überhaupt keine Affinität zur Kunst haben, aber auch echte Kunstkenner – und alle Schattierungen dazwischen. Allen muss ich gerecht werden. Wir sind hier nicht im Museum. Es geht um Kunst in der Öffentlichkeit.

Abgesehen von diesen Profilen gibt es auch unterschiedliche Situationen. Die einen laufen oftmals am Tag hin und her, sind in Eile oder im Stress und haben keine Aufmerksamkeit für das Wandbild. Die anderen kommen gelegentlich hierher zu einem Besuch und werden vom Ambiente regelrecht empfangen. Und dann gibt es diejenigen, die für eine bestimmte Zeit an dieses Haus gefesselt sind – die Muße haben oder Ablenkung suchen. Es gibt also den Fall, dass die Farbwand nicht bewusst wahrgenommen wird. Dann ist aber doch ihre Wirkung spürbar.
Die wichtigsten Aspekte habe ich schon genannt:

> das Motiv des Weges,
> die Botschaft der Farbe,
> das Anheben auf die emotionalen Ebene (Vermeidung des Organischen),
> die sanfte Bewegung
> der imaginäre Raum

Das heißt, die Menschen – auch ohne Aufmerksamkeit – auch ohne Kunstverständnis – erleben den Raum anders. Sie erleben ihn intensiver. Sie nehmen etwas mit. Es bleibt etwas bei ihnen.

Es gibt den anderen Fall, dass man die Farbwand eingehend betrachtet. Und dass sie sich nach und nach erschließt. Denn das, was die Farbwand so konsistent macht, ist ein komplexes System aus Bezügen und gestalterischen Entscheidungen, Das alles hier zu erläutern, würde den Rahmen sprengen. Nur ein Hinweis, wie differenziert sich die obere zur unteren Etage verhält. Es gibt viel zu entdecken. Für den aufmerksamen Kunstbetrachter. Oder für Schulklassen im Rahmen des Kunstunterrichts.

Ein weiteres Stichwort ist die Identifikation. – Auch die Orientierung. Deshalb gebe ich dem „Kind“ einen Namen: Die Farbwand. Wenn jemand nach dem Weg fragt, kann ich sagen: Gehen Sie da lang, dann rechts, und Sie treffen auf die Farbwand. Für den anderen ist alles klar. Entweder er kennt die Farbwand. Oder der Name gibt ihm eine eindeutige Vorstellung, was er sehen wird. Es kommt nicht darauf an, dass der Name einen philosophischen Anspruch hat. Es kommt darauf an, dass man ihn benutzt. Denn was man benennt, macht man sich stärker bewusst.

Identifikation heißt, ich bestimme mir meinen Punkt auf der Farbwand, wo ich hingehöre, wo ich abbiegen muss. Die Farbwand schafft individuelle Orte. Wir stärken auch die Identifikation mit dem gesamten Klinikum. Das Wir-Gefühl. Vor allem bei den Mitarbeitern. „So wie unser Klinikum ist sonst kein anderes“ Oder ganz einfach gesagt: „Nur wir sind wir“.

Ich danke Ihnen für die vielen aufmerksamen Blicke. Und jetzt stehe ich für Ihre Fragen zur Verfügung.



Wiedergabe der Ansprache am 31. Mai 2012 im Rathaus Winnenden:

Vielen Dank, Herr Professor von Holst, für diese schöne Würdigung. Vielen Dank vor allem an die Jury, dass Sie meinen Wettbewerbsbeitrag ausgewählt haben, und an alle Beteiligten, die diesem Wettbewerb einen so positiven Geist gegeben haben. Das lag zum einen an der Regie von Frau Feindor und dem Projektmanagement von Frau Kölz. Zum anderen an der konstruktiven Haltung der Bewerber. Bei den Kolloquien, als wir Künstler gemeinsam in Stiefeln und Schutzhelmen über die Baustelle gegangen sind, herrschte eine offene und kollegiale Atmosphäre. Es war eine gute Erfahrung und ein gutes Erlebnis.

So – Jetzt bin ich gefordert. Und ich möchte alles tun, um die Erwartungen zu erfüllen und dafür mein Bestes geben.

Das Projekt, um das es geht, hat einen Namen, der einfacher nicht sein könnte: die Farbwand. Dieser Name soll der Orientierung helfen. Wenn jemand nach dem Weg fragt, kann ich sagen: Gehen Sie da lang, dann rechts, und Sie treffen auf die Farbwand. Für den anderen ist alles klar. Entweder er kennt die Farbwand. Oder der Name gibt ihm eine eindeutige Vorstellung, was er sehen wird. Es kommt nicht darauf an, dass der Name einen philosophischen Anspruch hat. Es kommt darauf an, dass man ihn benutzt. Nur so kann er zur Kommunikation beitragen.

Die Farbwand ist gedacht als Fortsetzung der Architektur – mit den Mitteln der Malerei. Deshalb möchte ich erst etwas sagen zur Architektur. Die Magistrale ist dafür da, die einzelnen Bereiche und Gebäudeteile zu verbinden. Das ist – mit allem, was dazu gehört – die praktische Funktion.

Darüber hinaus gibt es eine ideelle oder kommunikative Bedeutung der Magistrale. Für mich gehört das auch zum Stichwort Funktion. Die Magistrale – so wie sie gestaltet ist – bildet einen Weg ab. Sie setzt das Motiv des Weges um in Architektur. Das lese ich als Künstler aus dieser Architektur. Die Magistrale ist geradlinig. Eine Strecke. Eine Achse. Ein Weg.

Das ist eine architektonische Entscheidung, die der Magistrale einen Sinn gibt. Ein Weg ist ein fortschreitender Prozess. Eine Entwicklung. Das ist es, was alle Menschen im Klinikum beschäftigt. Es geht um Heilungs-Prozesse, Genesungs-Prozesse – auch Bewusstseins-Prozesse. Entwicklung ist das Thema hier. Und das Motiv dafür ist der Weg. Ganz archetypisch. Man sagt ja auch: „Auf dem Wege der Besserung sein“.

Diesen Gedanken der Architektur möchte die Farbwand verstärken. Damit der Raum noch deutlicher spricht. Damit die Sinnhaftigkeit und Sinnhaltigkeit – auch die Sinnlichkeit – des Weges noch intensiver erlebt wird. Deshalb wird die Nordwand zu einem fortschreitenden Kontinuum von Farbstufen.

Das ist der eine Bezug zur Architektur. Der andere ist das Farbkonzept. Die drei Farben Grün – Gelb und Orange geben dem Klinikum ein Gesicht. Das heißt, dass sie das Gebäude nicht nur schmücken – sondern es auch interpretieren. Und zwar im Sinn eines Hauses – nicht für Krankheit – sondern für Gesundheit. Die Farben transportieren das Frische, Lebendige, Positive. Und stehen in ihrer Außenwirkung im Kontext zu Natur und Landschaft.

Was die Farben nach außen tragen, ist eine Botschaft. Und mir kommt es darauf an,
diese Botschaft im Inneren des Gebäudes zu verankern, ihr einen Kern zu geben – eine Seele. Und zwar genau da, wo der Baukomplex seine Wirbelsäule hat, sein Rückgrat – in der Magistrale. Damit Außen und Innen in einen Sinnzusammenhang kommen. Und: Damit Architektur und Malerei wirklich sprechen. Im Dialog miteinander und im gemeinsamen Dialog mit den Menschen.

Das setze ich um, indem ich die Grundfarben differenziere. Wenn die Grundfarben die Melodie sind, dann ist die Farbwand die Orchesterfassung. Da gibt es viele Begleitstimmen, aber auch Gegenstimmen – Kontrapunkte in Form von Kontrastfarben und Komplementärfarben. Soviel zur Anwendung der Farbe. Die Formensprache – die Senkrechte und die behutsame Schräge – erzeugen eine sanfte Bewegung. Wir sehen das auch in der Natur, wenn der Wind durch hohes Gras streicht. Oder durch Schilf. Oder durch ein Getreidefeld. Oder man sieht einen Vorhang, der sich leicht bewegt. Das gibt der Farbwand ihren Atem. Ein anderer Aspekt ist das Aufschließen der Wand. Sie öffnet sich in eine imaginäre Räumlichkeit. Die Farbwand bekommt Tiefe. Man schaut wie in einen Wald.

Alles das soll dazu beitragen, dass die Menschen – ob sie kunstinteressiert sind oder nicht – den Raum anders erleben. Intensiver. Und vor allem, dass sie sich mit dem Gebäude identifizieren. Identifikation heißt, ich bestimme mir meinen Punkt auf der Farbwand, wo ich hingehöre, wo ich abbiegen muss. Die Farbwand schafft individuelle Orte. Wir stärken auch die Identifikation mit dem gesamten Klinikum. Das Wir-Gefühl. Vor allem bei den Mitarbeitern. „So wie unser Klinikum ist sonst kein anderes“ Oder ganz einfach gesagt: „Nur wir sind wir“.

In diesem Sinn möchte ich auch dazu gehören.

Ich danke Ihnen.

Zum Projekt Farbwand siehe auch Report 10/2012, 12/2012, 01/2013, 09/2013, 11/2013, 01/2014, 02/2014, 05/2014, 09/2014, 10/2014 und 12/2014.

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