Für den Erweiterungsbau der Psychiatrie in Rüdersdorf bei Berlin wurde das Konzept für ein Wandbild entwickelt, das unter dem Titel „Schutz und Offenheit“ die Ambivalenz der Psychiatrie darstellt. Das Gebäude der Immanuel Klinik Rüdersdorf beherbergt die Hochschulklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Brandenburg.
Wandbild
im Innenhof
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des Wandbilds mit
den fünf Werten
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des Wandbilds
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Die Wahrnehmung des Wandelgangs
Der Wandelgang dient nicht nur der Verbindung zwischen den Gebäudeteilen, sondern vor allem der Entspannung der Menschen. Den Patienten, den Angehörigen und dem Klinikpersonal soll mit dem Wandbild ein positiver Impuls gegeben werden, damit sie aufleben können. Dabei gibt es zwei vorherrschende Wahrnehmungsituationen: Die Nahwirkung beim Entlangschreiten und die Fernwirkung aus dem umgebenden Umfeld. Für die Nahwirkung bietet das Wandbild eine starke perspektivische Flucht, die sich mit jedem Schritt verändert und eine positive Sogwirkung ausübt. Das Wandbild lässt sich erwandern, und es wandert mit. Für die Fernwirkung bietet das Wandbild ein kraftvolles, fokussierendes Farbgeschehen, dessen positive Wirkung auch eine weitere Distanz überbrückt und dessen Sinn überall erkennbar ist.
Die Ambivalenz der Psychiatrie
Thema Nummer 1 des Wandbildes ist die Grundhaltung moderner Psychiatrie, einerseits den Patienten den nötigen Schutz zu bieten, andererseits die Verbindung zu den sozialen Lebensräumen zu erhalten und damit Gemeindenähe und Sichtbarkeit zu ermöglichen. In der bildnerischen Umsetzung führt das zu einer Thematisierung von Innen und Außen. Ein rechteckiges Feld als schützender Rahmen wird zur Plattform des Bildgeschehens, das jedoch diesen Rahmen überschreitet. Das formale und farbliche „Leben“ innerhalb und außerhalb des Rahmens ist im Prinzip das gleiche. Es gibt eine Grundstruktur, die sowohl innen wie auch außen in Erscheinung tritt. Dennoch ist der Rahmen vorhanden und deutlich sichtbar, ohne selbst ein aktiver Teil des Bildgeschehens zu sein. Er ist dem Bildgeschehen wie ein weit gefasstes visuelles Zeichen eingeschrieben. Dieser Rahmen steht zentral zwischen den beiden Stützpfeilern und verbindet somit das Wandbild mit der Architektur. Die Stützpfeiler werden als ein erweiterter Rahmen interpretiert, die den Schutz-Aspekt verstärken. Sie werden in die Botschaft des Wandbilds einbezogen.
Die Werte der Immanuel Diakonie
Thema Nummer 2 des Wandbildes ist das Zusammenwirken der Werte der Immanuel Diakonie: Immanuel, Fürsorge, Gerechtigkeit, Erfolgsorientierung, Teamgeist. Diesen fünf Werten entsprechen im Wandbild fünf Farbbahnen, die ineinander verflochten sind und das gesamte Bild konstituieren. Die Struktur des Bildes ist nichts anderes als das Zusammenwirken dieser – abstrakt gesprochen – fünf Faktoren. Sie werden zu fünf Akteuren. Die Farbbahnen sind in ihrer symbolischen Bedeutung kenntlich durch lesbare Worte. Dabei wird die Begrifflichkeit der fünf Werte durch Adjektive lebendig gemacht: individuell, fürsorglich, gerecht, erfolgreich, gemeinsam. Jede Farbbahn bekommt damit gleichsam einen Namen. Fünf Werte – fünf Farben. Das Ineinander der Farbbewegungen steht für das Miteinander der Werte.
Die Struktur der Bildsprache
Thema Nummer 3 des Wandbildes ist das Leitbild der Klinik: Das Gebot, integrativ und ganzheitlich zu arbeiten. Das Wandbild setzt diesen Anspruch unmittelbar um, indem es aus einem durchgängigen Gefüge besteht, das nicht anders als integrativ und ganzheitlich beschrieben werden kann. Das Gefüge aus Flächengestalten und Farben beruht zwar auf einem Raster, geht aber über dessen Regelmäßigkeit deutlich hinaus. So wird das Gefüge einerseits lebendig durch die freie Platzierung der Farben, andererseits durch die abwechslungsreiche Gestaltbildung. Das Wandbild enthält eine Richtungsdynamik von links nach rechts und vermittelt dadurch Fortschritt. Zugleich lebt es von einer leicht ansteigenden Tendenz. Das frische Farbklima bezieht sich auf die Natur der angrenzenden Gartenlagen und den freien Himmel.